Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen.
Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein. Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel «Kennen Sie den noch?» Youngtimer und Oldtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.
Mazda zählt zweifelsohne zu den innovativeren Automarken: Dort wurde der Wankelmotor gebändigt und der Roadster neu erfunden. Besonders um 1990 herum hatten die Japaner eine besonders kreative Phase. Natürlich an vorderster Front der MX-5, aber auch der Xedos 6, der Mazda 323 F, der Eunos Cosmo mit Dreischeiben-Wankel und der kleine Autozam AZ-1 mit Flügeltüren für den heimischen Markt oder auch der MX-3 mit winzigem 1,8-Liter-V6.
Wie mutig Mazda damals war, zeigt auch ein inzwischen fast vergessener Kleinwagen: Die zweite Generation des 121, intern DB genannt. Ein 3,81 Meter kurzes, rundliches Stufenheck-Limousinchen mit Faltdach. Ein buntes Osterei, das recht passend im April 1991 nach Deutschland kam, etwa ein halbes Jahr nach der Weltpremiere in Tokio.
1,49 Meter hoch und mit einem Radstand von 2,39 Meter versehen, punktete der 121 mit einem guten Platzangebot. Aber genau das war eine der Gestaltungsvorgaben: Der 121 sollte seinen Insassen größtmöglichen Freiraum geben. Der 290 Liter große Kofferraum konnte durch Umklappen der hinteren Lehnen vergrößert werden.
Durch die umklappbaren Rücksitzlehnen im Verhältnis 50:50 wird der 121 zum Riesen, zumal er auch eine Menge Gewicht schleppen kann, zwischen 460 und 490 Kilogramm, je nach Version.
Besonderer Clou war das «Canvas Top» genannte Faltschiebedach. Es ließ sich in beide Richtungen öffnen. Sowohl von vorn nach hinten, von hinten nach vorn, als auch gleichzeitig in beide Richtungen konnte es elektrisch betätigt werden.
Die Stoffmütze war bis 1994 immer Standard, der Kunde bekam seinen 832 Kilogramm schweren 121 mit einem 53 kW (72 PS) starken 1,3-Liter-Benziner. 104 Newtonmeter Drehmoment standen bei 3.700 Touren an. Nach 11,4 Sekunden waren 100 km/h erreicht. Höchstgeschwindigkeit? 155 km/h. Serienmäßig montiert waren übrigens 13-Zoll-Räder.
Wer aber partout kein Faltdach mochte, konnte ab 1994 zum Basismodell LX mit 53 PS und Blech über dem Kopf greifen. Fünf Gänge waren auch hier serienmäßig, ebenso vier Türen. Im Kleinwagen-Segment war beides damals noch nicht selbstverständlich. 22.740 DM kostete der Mazda 121 Canvas Top im August 1995, die Basis knapp über 18.000 Mark.
Anfang 1996 endete die Produktion, der folgende 121 war nichts anderes als ein Ford Fiesta mit anderem Emblem. Hintergrund: Im gleichen Jahr erhöhte Ford seinen Anteil an Mazda auf 33,4 Prozent.
Außerhalb Europas wurde der Mazda 121 als Autozam Revue vermarktet
Mazda-Chef Kenichi Yamamoto stellte bereits auf der Tokio Motor Show 1989 eine interessante These auf: «In der Zukunft geht es wohl für die Autojournalisten nicht mehr um die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines neuen Autos, denn im Grunde sind moderne Fahrzeuge zuverlässig.» Weiter meinte der Ex-Chefentwickler und Wankel-Papst des Konzerns: «Es wird darum gehen, ob ein Autokonzept spontan ankommt oder nicht.»
Mit dieser Anmerkung hatte Yamamoto geschickt die Weichen für den neuen Mazda 121 gestellt. Denn der japanische Manager wollte deutlich machen, dass sich Autokonzepte der Zukunft in einem Spannungsfeld der Meinungen darstellen werden. Anders ausgedrückt: Polarisierung in der Beurteilung neuer Autos war angesagt.
Natürlich sollte es auch weiterhin die erfolgreichen Baureihen 323 und 626 geben. Doch neben diesen «Brot- und Butterautos» liege die Zukunftschance von Mazda auch in der Besetzung von Nischen oder in der Kreativität in bestimmten Segmenten. Hier seien Modelle wie der Mazda 323 F und natürlich der MX-5 ein Beweis.
Beim 121 sahen die Designer und Konstrukteure nicht ein, warum kleine Autos immer eckiger werden mussten und kaum Platz für vier Personen boten. Genauso sah nämlich die erste Generation des 121 aus. Beim Nachfolger sollte alles anders werden, Biodesign war Trumpf.
Weiche, fließende Konturen bestimmen das Bild des Mazda 121 (DB), Psychologen würden hier von einem «aggressionsfreien Styling» sprechen. Nichts an diesem Auto fordert zum Kräftemessen heraus, diese Formgebung steht in krassem Gegensatz zur heutigen Designsprache mit aggressiven Leuchten, riesigen Lufteinlässen, fetten Rädern und Sportlichkeit um jeden Preis.
Einbezogen in dieses «weiche» Styling wurden beim 121 selbst die Scheinwerfer- und Rückleuchteneinheiten und Details im Innenraum, etwa die Belüftungsdüsen und Anzeigen im Instrumententräger. Für die Designer war klar, dass ein solches Autokonzept auch andere Farbkombinationen erfordert. Kräftige, ungewöhnliche Lackierungen kontrastierten mit frechem Innendesign.
Mazda war sich vor gut 30 Jahren völlig klar, dass der runde 121 aneckt: «Dieses neue Auto setzt sich bewusst der Kritik aus. Für den neuen Mazda 121 wird es nur Pro oder Kontra, aber niemals Jein-Sager geben», hieß in der Pressemitteilung. Doch die Kunden griffen zu: Im Frühjahr 1992 stiegen die Lieferfristen auf bis zu fünf Monate an. Und der ADAC schrieb später recht treffend: Die Ente ist nicht tot.
Zum Schluss wollen wir noch einmal Mazda zitieren, denn die folgenden Formulierungen sind pures Gold: «Der 121 ist ein Auto für alle, die in ihrem Fahrzeug mehr sehen als reine Fortbewegung von A nach B. Der 121 ist kein Fahrzeug für diejenigen, denen schiere Motorleistung vor Genuss geht. Der Mazda 121 orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen, die Spaß am Auto, an neuen Formen und an einem neuen Lebensstil haben. Davon gibt es von Tag zu Tag mehr.»